Mit dem Geld von Barbara waren zumindest zwei
Monate gerettet, meine Seele jedoch angeschlagen. – C´est la vie –
Nun bestand meine Aufgabe wieder darin – neben
Lernen und Schreiben – einen neuen Job zu finden. Doch wo sollte ich hin, wenn
ich doch scheinbar schon überall war. Ich konnte keine Arbeit auftreiben.
Die 1000€ waren schlussendlich aufgebraucht, die
Miete schon zwei Wochen überfällig und etwas zu essen, wäre toll gewesen. Die
Probleme häuften sich. Da kam mir der Geburtstag von Isabell, einer lockeren
Kommilitonin, gerade recht. Wir waren zu dritt. Sie gab erst eine Runde Burger
bei BK aus und zog dann auf ihre Rechnung mit uns um die Häuser. Kneipe für
Kneipe frönten wir dem Luxus des alkoholischen Überflusses und nach einer
Privatparty auf Grasbasis in einer Studi-WG wollten wir noch ein wenig im Park
entspannen. Leider ist Isabell beim Rumzappeln gestürzt und so endete ihre
Nacht abrupt. Sie schlug sich am Betonboden das Kinn auf. Es blutete
schrecklich. Ich kann Blut nicht sehen. Doch Ralph, ihr Freund, schaltete
sofort auf den sortierten Rettungsmodus, rief ein Taxi und brachte sie zur
Notaufnahme. Doch anstatt nach Hause zu gehen – ich wohnte nicht unweit – blieb
ich im Park und betrachtete die Welt bei Nacht und sah Martha. Sie kam aus
einer Gasse, weinte und schrie laut und setzte sich auf eine Bordsteinkante
zwischen zwei Autos. Sie war keine 30 Jahre alt und leicht pummlig. Ihr
blondes, lockiges Haar lag auf ihren Schultern und sie übte auf mich eine
unbekannte Vertrautheit aus. Sie war meine Seelenverwandte. Ich wusste es nur
noch nicht!
Doch wären da nicht ihre Tränen gewesen, hätte
ich sie vielleicht nie angesprochen. So ging ich mit aktiviertem Helfersyndrom
zu ihr und sprach sie mit ruhigem und freundlichem Ton an: „Brauchst wen zum
Reden, was?“ und so ruhig und nett ich auch fragte, so überraschend war ihre
Antwort: "Verpiss dich!" Lauter und deutlicher hätte diese nicht
ausfallen können. Gerade als ich ihrem Wunsch – leicht angepisst – nachgeben
wollte, sah ich Blut in ihrem Gesicht. Sie brauchte wirklich Hilfe. Ich setzte
mich neben sie und schwieg, sodass es keine 10 Minuten dauerte, bis sie erneut
bitterlich zu weinen anfing und endlich mit mir sprach. Martha war Nutte und
wurde damals ca. zwei Stunden vor ihrem Erscheinen in der Gasse
missbraucht!
Je länger sie sprach, desto mehr Spuren sah ich. Ihr stereotyper, pinker und viel zu kurzer Rock war dreckig, ihr rechtes Ohrläppchen eingerissen, ihre Handgelenke blau, ihre Lippe geschwollen und aufgeplatzt und nahezu jede sichtbare Hautstelle war von Kratzern übersät. „Arbeiten auf eigene Kasse ist gefährlich“, sagte sie. „Berufsrisiko!“
Sie erzählte mir von zwei Typen, wohl unter
zwanzig. Sie haben sie auf ihrem Arbeitshandy angerufen und vereinbarten prompt
einen Ort und Preis. Marthas Nummer war in einschlägigen Zeitungen zu finden
und so sollten sie sich alle – wie immer – bei ihr treffen. Martha arbeitete
von Zuhause und war recht günstig. Für hundert Euro pro Kopf hätten die beiden
alles haben können, was sie wollten, sofern es nicht länger als eine Stunde
dauerte und mit Gummi geschah. Doch daran dachten die Zwei nicht. So klingelte
es an ihrer Tür und anstatt Vorkasse bekam sie einen Schlag ins Gesicht. Sie
fiel zu Boden und beide Typen über sie her. Erst steckte ihr der eine etwas in
den Mund und hielt sie fest, sodass der andere ihr den Rock hochreißen, sich in
die Hand spucken, ihr zwischen die Schenkel greifen und sofort damit beginnen
konnte, sie zu missbrauchen. Ohne auf ihre Schreie zu achten, machte er weiter,
bis er seinen Druck entlud. Rollentausch und sofort fing der andere an. Doch
anstatt im Dreck des Vorgängers zu bohren, wollte er sie nicht nur ficken,
nein. Er holte erst irgendwas aus seiner Hosentasche und rammte es ihr ohne
Gnade mehrmals in den Arsch. Er wollte sie erst noch weiter erniedrigen, um sich
dann an ihr zu befriedigen. Irgendwann waren beide einfach weg und ließen
Martha missbraucht, bespuckt und körperlich sowie seelisch verletzt im Flur
ihres „Arbeitsplatzes“ liegen. Zur Polizei wollte sie nicht und nicht einmal der
Notarzt konnte sie überzeugen, in die Klinik zu gehen. – Hurenlogik –
Reden brachte keinen Erfolg. Ihre Wohnung wollte
sie vorerst nicht mehr sehen und so nahm ich sie ohne Weiteres mit zu mir. Doch
schon damals kam mir an ihrer Geschichte etwas seltsam vor. Ich wusste nur noch
nicht was…
Martha blieb drei Wochen. Wir hatten eine schöne
Zeit und taten uns gut. Sex hatten wir jedoch nicht. Erstens waren ihre Wunden
noch nicht völlig ausgeheilt und zweitens konnte man bei uns beiden von einem
gespaltenen Verhältnis zur Sexualität sprechen. Bis heute ist es mir ein
Rätsel, wie Martha den ganzen Mist, der ihr passierte, vergessen und einfach so
weiter machen konnte. Ich erzählte ihr von Barbara und ihre Reaktion war als
Mischung aus lautem Lachen ihres Mundes und Mitleid ihrer Augen zu verstehen.
Auch IHR Branchenauftakt verlief ähnlich.
Damals war Martha ebenso Studentin und wurde auf
einer WG-Party plump mit den Worten: „Hey Süße, ich mag Mädels mit großen
Argumenten?" angesprochen. Sie, total angewidert, versuchte ihn
abzuwimmeln, aber so leicht war er nicht loszuwerden. Ständig kam er erneut
angehechelt, machte ihr, wenn auch weiter plump, Komplimente und schenkte ihr
all seine Aufmerksamkeit. Bis dahin, sagte Martha, war ihr nicht bewusst, dass
sie eine solche Wirkung auf Männer haben konnte. Und ja, der Typ war weiter
aufdringlich, aber immer auch nett. Sie gab also irgendwann nach und trank
etwas mit ihm, vielleicht auch etwas mehr. Geredet haben sie jedoch nicht viel.
Martha wollte sich einfach einen ansaufen und den Typen ficken. Sie wollte ihn
so ficken, wie er es sich nie hätte träumen lassen. So landeten beide nach ein
paar Drinks auf dem Klo. „Ich fickte ihm das Hirn raus, es tat so gut“, war ihr
sichtlich stolzer Kommentar und trotzdem klang ihre Stimme nicht fröhlich. Dann
kam es. Kaum spritzte er ins Gummi, zog er auch schon seinen Schwanz aus ihr
und sein Portemonnaie aus seiner Jackentasche, sodass er zuerst das Gummi und
dann fünfzig Euro vor ihre Füße auf den widerlichen Boden direkt vors Klo warf.
Sein Abschied lautete: „Warst ne echt geile Hure.“ Etwas starb in ihr und ich
verstand sie nur zu gut.
Bis heute frage ich mich, was Leute dazu treibt, nach einem beiderseitig geilen und absolut gewollten Fick Geld zu ziehen und einfach zu gehen. Ist es vielleicht Schamgefühl oder die Angst, sich mit dem anderen auseinander setzen zu müssen? Wer weiß das schon…
Die Zeit mit Martha verging schnell. Wir gingen
gemeinsam einkaufen, kochten, sahen fern und redeten viel. Es war toll. Sie
erkannte früh, dass ich einen finanziellen Engpass hatte und half mir
etwas aus, sodass ich für ein paar Tage abschalten konnte. Aber schon nach
kurzer Zeit fragte sie mich – trotz ihrer ganzen schrecklichen Erfahrungen – ob
ich es mir nicht auch vorstellen könnte, als Call-Boy mein Geld zu verdienen.
„Call-Boys verdienen wirklich gut und solang du nicht meine Fehler machst und
dich ohne Vorbereitung an die Tür wagst, ist es auch nicht ganz so schlimm!",
so ihre Worte. „Nicht ganz so schlimm!“ Wie das schon klingt.
Sie empfand mich als einfühlsamen Kuschellover,
den viele Frauen im mittleren Alter vermissen und sah meine Stärke darin, dass
ich stets zu wissen schien, was diese in bestimmten Momenten brauchten. Doch
wer kann sich da schon sicher sein? Tja, kaum sprach sie dieses Thema locker
an, schrillte es auch schon wieder in meinem Kopf: „Nutte!“ Doch Geld ist
mächtig und das Joch wurde schwerer und schwerer, schier unüberwindbar. Also
nickte ich Martha voller Unsicherheit und kaum sichtbar zu. Doch sie verstand
und erzählte mir von einer Straßensozialarbeiterin namens Claudia.
Claudia war klein, wirklich klein – vielleicht
1,60m. Sie war normal gebaut, hatte ebenso wie Martha blondes Haar und war Ende
30. Ihr Mann, Ex-Mann hat sie elf Jahre lang mit seiner Sekretärin betrogen.
Martha und sie schütteten sich wohl ab und an gegenseitig ihre Herzen aus,
weshalb Martha auch erfuhr, dass Claudia keine Lust mehr darauf hatte, sich
erneut zu binden. Ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte, doch
Martha rief Claudia – ohne mich zu fragen – an und erzählte ihr von ihrem
Vorfall. Heute denke ich, dass dies nur ein Vorwand war.
Claudia kam natürlich prompt zu meiner Wohnung,
trat ein und diskutierte stundenlang mit Martha darüber, dass sie doch zur
Polizei gehen sollte. Dies lehnte sie jedoch stets lächelnd ab und wiederholte
ihre Floskeln: „Nutte auf eigene Tasche. Berufsrisiko!“
Irgendwann wechselten sie das Thema, tranken ein
paar Bier und verbannten mich zum Teeaufkochen in die Küche. Ich sah nur noch,
wie Martha Claudia ins Ohr flüsterte, ihr etwas gab und daraufhin zu mir in die
Küche kam. Mit einem Klaps auf den Po sagte sie nur: „Das ist deine Chance,
Tiger! Zuhören kannst du, nett und zuvorkommend bist du und nun musst du nur
noch ein echter Kerl sein“. Kaum hatte sie ausgesprochen, ging sie und ließ
mich mit Claudia allein. Ich war verwirrt!
Trotzdem brachte ich ihr den Tee und bevor ich
alles richtig realisieren konnte, bat sie mich darum, mich zu ihr zu setzen und
schüttete mir ihr Herz aus. Sie schwärmte unheimlich von ihrem Ex und spuckte
gleichzeitig verbal Feuer. Sie und ihr Herz waren zerrissen. Er betrog sie
jahrelang. Doch bevor ich ihr etwas Aufbauendes sagen konnte, öffnete sie ohne
Ankündigung meine Jeans und fing an, mir einen zu blasen. Ihre Lippen, ihre
Zunge fühlten sich fantastisch an und trotzdem hätte sie das nicht gemusst. Es
machte die Sache jedoch einfacher. Kaum war ich bereit, gab sie mir ein Gummi,
zog ihren Slip unter ihrem Rock hervor, drehte sich weg von mir und beugte sich
vor. Ich nahm sie direkt und versuchte ihr eine schöne Zeit zu bereiten. Mir
war die Situation sehr unangenehm und so hatte ich stark damit zu tun, zu
kommen.
Regel 5: Vergiss nicht, dass es nur um die Dame
geht. Doch spritzt du nicht ab, sucht sie den Fehler bei sich und das darf auf
keinen Fall passieren.
Ich spritzte also ab, doch wirklich gut fühlte
ich mich nicht. Wir waren einsam zu zweit. Kurz darauf zog sich Claudia an
und streichelte mir mit breitem Lächeln zum Abschied das Haar. Sie ging und
sagte kein Wort. Sie legte einzig einen Umschlag auf meine Malm-Kommode, machte
sich in den darüber befindlichen Spiegel blickend straßentauglich und war weg.
Ich war jedoch um 100 Euro reicher. Ob das Marthas Geld war?
Aus heutiger Sicht war dies für mich mein erstes
Mal. Aber danken, danken konnte ich Martha dafür nicht. Trotzdem wurde sie zur
wichtigsten Person in meinem Leben und ich, ich wurde tatsächlich zur Nutte!